Die geschichte der Börse


Börsen sind also regelmäßige Zusammenkünfte von Kaufleuten an feststehenden Orten, um Handelsgeschäfte abzuschließen. Schon im Altertum gab es Vorläufer, aber die Börsen im heutigen Sinne entstanden erst im Mittelalter. Sie gingen aus den Märkten und Messen hervor, die besonders an den großen Handelsplätzen Europas stattfanden. Zunächst wurden nur Waren gehandelt, später ergab sich daraus der Handel mit Wechselbriefen. Diese Papiere waren Schuldscheine und enthielten das Versprechen des Schuldners, das geborgte Geld zu einer bestimmten Zeit zurückzuzahlen.

 

Der Begriff "Börse" stammt von der niederländischen Kaufmannsfamilie "van der Beurse", die in Brügge zu Hause war. Vor dem Hause dieser Familie trafen sich ab 1409 regelmäßig italienische Geld und Wechselhändler.

 

Die erste richtige Börse taucht 1460 in Antwerpen auf, es folgen Lyon (1462), Amsterdam (1530), London (1554), Augsburg, Nürnberg und Hamburg (1558), Köln (1566), Danzig (1593), Frankfurt am Main (1615), Berlin (1716), Wien (1771), New York (1792) und Zürich (1877). In New York traf man sich anfänglich im Freien unter einer Platane in der heutigen Wall Street. Heute ist die New Yorker Börse, die New York Stock Exchange, die dominierende Börse unter den etwa 130 Börsen weltweit. Die Aktie ist also keine Erfindung unserer Tage. Erstmals erwähnt wird das Wort "Aktie" 1606 in den Niederlanden. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts bedurfte jede einzelne Gründung einer Kapitalgesellschaft der besonderen Genehmigung durch den preußischen König. Erst 1843 kam es zu einer Kodifikation des Börsenwesens und des Aktienrechts in Deutschland - zumindest in Preußen. Aktiengesellschaften konnten nun unabhängig von der Branche, in der sie aktiv waren, gegründet werden. Mit einer wichtigen Ausnahme: dem Bankensektor.

 

1884 wurde das Aktienrecht grundlegend novelliert - auch wegen vieler Firmenzusammenbrüche. Um den "kleinen Sparer vom gefährlichen Börsenspiel" fern zu halten, erhöhte sich der Mindestnennwert der Aktien von 150 Mark auf 1000 Mark. Gefordert wurde zudem von der Generalversammlung eine jährliche Bilanz. 1896 erging das Börsengesetz, das erstmals alle deutschen Börsen betraf. Es verschärfte die Haftungsregeln für Herausgeber von Wertpapieren, die für den Prospektinhalt fünf Jahre lang haften mussten. Der Staatskommissar als Organ der Börsenaufsicht wurde eingeführt, "Personen weiblichen Geschlechts" hingegen wurden gesetzlich vom Börsenbesuch ausgeschlossen.

 

Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs erlebten die deutschen Börsen eine regelrechte Blütezeit. Danach herrschte an den Finanzmärkten große Nervosität oder die Börsen waren gar jahrelang geschlossen. Interessant: Gerade Aktienbesitzer haben die  Inflation 1923 (siehe nächster Abschnitt) wie auch den Zusammenbruch Deutschlands 1945 nach dem Zweiten Weltkrieg im Vergleich zu den Käufern vermeintlich sicherer Staatsanleihen und anderer Gläubigerpapiere relativ unbeschadet überstanden: Das Vermögen eines Aktionärs hatte sich, ausgehend vom Indexstand 1933, ungefähr halbiert. Inhaber von Anleihen hatten dagegen nur noch 14 Prozent ihres anfänglichen Guthabens. Heute wird die Zahl der Aktiengesellschaften in Deutschland auf etwa 15.000 geschätzt. Davon sind rund 1.000 inländische Unternehmen an deutschen Börsen gelistet.